Das Unwort des Jahres 2009: „betriebsratsverseucht“
In der Sendung „Monitor“ (ARD 14.5.2009) berichtete ein Mitarbeiter einer Baumarktkette, dass dieses Wort von Abteilungsleitern verwendet wird, wenn ein Mitarbeiter von einer Filiale mit Betriebsrat in eine Filiale ohne Betriebsrat wechseln will. Dort könnte ihm vorgehalten werden, dass sein bisheriges Vetrauen in eine Arbeitnehmervertretung die Einstellung gefährde. Die Wahrnehmung von Arbeitnehmerinteressen „stört“ zwar viele Unternehmen, sie als „Seuche“ zu bezeichnen, ist indes ein zumindest sprachlicher Tiefpunkt im Umgang mit Lohnabhängigen.
Die Jury kritisiert außerdem die Formulierungen „Flüchtlingsbekämpfung“. So hat Bundeskanzlerin Merkel auf einem „Bürgerforum“ der Bertelsmann-Stiftung einen Teil des deutschen Beitrags zum Migrationsproblem, die Abwehr von Flüchtlingen an Europas Grenzen, benannt. Es ist zu hoffen, dass damit nicht tatsächlich militärische Aktionen gemeint sind. In jedem Fall ist die Gleichsetzung einer Menschengruppe mit einem negativen und deshalb zu bekämpfenden Sachverhalt (wie in „Krankheits-„, „Seuchen-“ oder „Terrorismusbekämpfung“) ein dramatischer sprachlicher Fehlgriff.
Ferner „intelligente Wirksysteme“. Hinter dieser nur scheinbar harmlosen Bezeichnung verbergen sich ausschließlich technologisch hochentwickelte Munitionsarten. Sie werden von einem Tochterunternehmen zweier Rüstungskonzerne mit dem gleichfalls verschleiernden Firmennamen „Gesellschaft für Intelligente Wirksysteme mbh“ produziert.
Die Wahl eines „Unworts des Jahres“ erfolgte zum 19. Mal. Begründet wurde diese sprachkritische Aktion 1991. Diesmal hatten sich 2.018 Einsenderinnen und Einsender aus dem In- und Ausland, auch aus Übersee, u.a. aus Japan, mit 982 verschiedenen Vorschlägen beteiligt. Wiederum haben sich auch ganze Schulklassen und Oberstufenkurse an der Unwort-Findung beteiligt, so in der Ernst-Goebel-Schule in Höchst/Odenwald und im Wirtschaftsgymnasium Winsen/Luhe, sowie Seminargruppen wie an der FU Berlin.
Der Jury für das Unwort des Jahres 2009 gehörten an die vier ständigen Mitglieder Prof. Dr. Margot Heinemann (Leipzig), Prof. Dr. Nina Janich (Darmstadt), der Sprecher der Jury Prof. Dr. Horst Dieter Schlosser (Frankfurt a.M.) und Prof. Dr. Martin Wengeler (Düsseldorf). Vertreter der Sprachpraxis waren diesmal das Mitglied der Chefredaktion der „Frankfurter Rundschau“ Stephan Hebel und der Sozialethiker Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach S.J. (Ludwigshafen).
Zeitgleich wird in Düsseldorf das Börsen-Unwort 2009 verkündet. Es lautet: „Bad Bank“. Zur Begründung heißt es: „Es ist für das Publikum schwer nachvollziehbar, dass eine offenbar schlechte Bank eine weitere bad Bank gründet und dies eine gute Lösung für Probleme der Finanzkrise sein soll.“ (Quelle: unwortdesjahres.org)